Wie man aus einer 1986/87´er Ténéré (1VJ) ein wirklich zuverlässiges Mopped macht - kein Wunschtraum sondern machbar. Nachfolgend zeige ich was man dafür tun kann.
Mit einer Yamaha XT 600 Ténéré unterwegs zu sein ist Fahrspaß pur und immer wieder ein besonderes Erlebnis. Ich weis wovon ich rede, schließlich fahre ich eine seit 1987 und habe mit ihr nun weit über 100.000 km zurückgelegt. Wenn man so lange Zeit mit einem Mopped fährt und immer noch nicht genug davon hat, muß da schon was besonderes sein:
Eine Reise-Enduro mit einem wirklich guten straßen- und geländetauglichem Fahrwerk (lange Federwege), kräftiger Einzylinder-Motor, kerniger Sound, E- und Kick-Starter (wer mal eine schwache LiMa und/oder leere Batterie hatte, weis diesen Vorteil erst so richtig zu schätzen!!! - mal abgesehen davon das Ankicken einfach sportlicher ausschaut
) sowie einen großen Tank und, natürlich, sie sieht echt gut aus! Kurz: die Kiste macht einfach einen Heidenspaß!
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Tja, eigentlich dachte Yamaha wohl an einen großen Wurf, als die "Ur- Ténéré" (1983 - 85) modelgepflegt wurde und ab 1986 ein stark überarbeitetes Design bekam. Dummerweise ging hier offenbar Design vor Funktion, denn ab diesem Zeitpunkt war es vorbei mit der legendären Zuverlässigkeit der ersten Jahrgänge. Was war passiert? Durch das neue Design wurde der Motor so konsequent von der lebenswichtigen Kühlluft abgeschirmt, das die Motoren reihenweise den vorzeitigen Hitzetod starben. Durchgeblasene Kopfdichtungen, erhöhter Verschleiß an Kolben / Zylinder (Kolbenkippen, am klappernden Geräusch gut zu erkennen), ruinierte Getriebe (Pitting, besonders am 5. Gang) - eine nicht enden wollende Katastrophe, ein Werkstatttermin nach dem anderen, keine Saison ohne irgendeinen Totalausfall. Was dann folgte, waren mehr oder weniger hilflose Versuche seitens Yamaha durch diverse Modifikationen an Ersatzteilen die Standfestigkeit wiederherzustellen (künstlich gealterte, mit speziellen Gewindeeinsätzen [Helicoil] ausgestattete Zylinder, andere Kopfdichtungen u.ä.). Geholfen hat all das Kurieren an Symptomen unterm Strich nicht viel, an der eigentlichen Ursache - nämlich zu wenig Kühlluft - änderte sich nichts. Irgendwann hatten die Designer/Ingenieure wohl begriffen, das mit dieser Baureihe kein Blumentopf mehr zu gewinnen war und haben ab 1988 das gründlich renovierte Model 3AJ nachgeschoben. Neben der deulich besseren Kühlung wurden ab 1988 auch die Motoren modifiziert: u.a. Ölpumpe mit doppelter Förderleistung, geänderte Getriebeschmierung und Primärübersetzung, überarbeiteter Zylinder und Zylinderkopf.
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Um es kurz zu machen: mit dem richtigen know-how wird auch aus einer 1VJ ein zuverlässiges und haltbares Motorrad!
Am einfachsten wäre sicher gewesen, die Kiste so schnell wie möglich zu verkaufen und sich den Ärger vom Hals schaffen! Heute würde ich das sicher auch tun. Aber damals als armer Student konnte und wollte ich mir keine andere Karre leisten...
So, nun zum Wesentlichen, die Modifikationen lassen sich in vier Gruppen einteilen:
1) Kühlluftzufuhr verbessern (kostet fast nix :-)
2) größerer Ölkühler (kostet auch nur wenig)
3) neuerer Motortyp (vom Gebrauchthändler, der kostet ein paar Mark)
4) konsequente Verwendung von vollsynthetischem Motoröl (z.B. Castrol RS, SAE 10W60)
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Zuallererst habe ich diese schwachsinnige TÜV-Verlängerung an der vorderen Radabdeckung (das schwarze Plastikteil vor den Krümmern) entfernt!!!
Die Radabdeckung wurde insgesamt gekürzt, dazu die Nieten der ringsrum verlaufenden (bei mir roten) Kunststoffleiste aufgebohrt, ca. 3 cm der eigentlichen Radabdeckung halbrund abgesägt, die Zierleiste zurückversetzt und wieder festgenietet; das Vorderteil der Zierleiste ebenfalls halbrund abgesägt und entgratet. So wird das ganze Teil ein gutes Stück kürzer und der Fahrtwind kann schön drunterströmen. Damit dieser dann auch bis zum Motor kommt, müssen in Höhe der Krümmer noch Schlitze in die Radabdeckung. Zu guter letzt legt man noch zwischen der unteren Gabelbrücke und den beiden hinteren Befestigungsschrauben des Kotflügels einige Unterlegscheiben, um den Kotflügel vorn beim Festschrauben noch zusätzlich anzulupfen. Jetzt haben wir den Weg für die Luft freigemacht und nebenbei sieht die Radabdeckung auch noch besser aus als vorher.
Als besonderes Bonbon werden noch zwei Luftleitbleche (aus Alublech) am Tank angebracht, die jeweils an der Tank-Innenseite mit Sanitärsilikon festgeklebt werden (Klebestellen zuvor gründlichst entfetten und Aluteile mit feinem Schmiergelpapier aufrauhen; dann hält das bombenfest!!!). So bekommt die Tankvorderseite eine Art Lufttrichter verpasst, der dem Motor zusätzlich Luft zuführt. Wenn das ganze dann noch weis (bzw. blau) lackiert ist (am besten schon vor dem Ankleben) sieht das richtig ordentlich aus, als wäre es schon immer so gewesen. Effekt: bis zu 10°C niedrigere Öltemperatur. Wer möchte, kann von mir die genauen Maße haben (als gescannte Papiervorlage via e-mail).
Aufwand: 1 Tag Arbeit
Kosten: ein paar Mark für ein Stück Alublech, Silikon und Farbe.
Freie Luftzufuhr ! | Die Luftleitbleche wirken... | ...wie ein Trichter |
Der Luftfilterkasten (kurz LuFiKa) ist so eine Geschichte für sich (siehe auch entsprechendes unter "Tuning/Luftfilterkasten". Einerseits eine fast schon geniale Konstruktion (durch die Luftführung im Halbkreis wirkt der Kasten wie ein Zyklon, gröbere Schmutzpartikel (Sandkörner z.B.) werden durch die Fliehkraft bedingt am Filter vorbei getragen und lagern sich in den Ecken des Kastens ab, das eigentliche Filterelement geht also nicht so schnell dicht), andererseits aber mit einem entscheidenden Schönheitsfehler: die Ansaugöffnungen befinden sich direkt über dem Motor und saugen so unnötigerweise warme Luft an!
Auf die Idee das mal zu überprüfen bin ich durch einen Artikel gekommen, den der bekannte Claus Eßmaier (Ténéré-Special-Parts, TSP) vor Jahren mal im "Tourenfahrer" veröffentlicht hat (unter www.tenere.de gibt es irgendwo einen link zu dem eingescannten Artikel). Dort empfiehlt er die Luftansaughutzen am LuFiKa ganz zu entfernen und die Öffnungen zu verschließen. Im Gegenzug ist dann der Deckel des LuFiKa unter der Sitzbank zu entfernen bzw. durch den Deckel der 3AJ (600er Teneres ab 1988) zu ersetzen (dort wird interessanterweise die Luft durch eben diesen angesaugt... - ein Schelm wer Arges dabei denkt).
Also habe ich mit Hilfe eines digitalen in/out-Thermometer nachgemessen, wieviel das überhaupt ausmacht (externer Fühler im LuFiKa deponiert, den Rest am Lenker fixiert)
Das Ergebnis war schon erstaunlich:
Interessant dabei: die gemessenen Temperaturunterschiede sind nahezu unabhängig von der gefahrenen Geschwindigkeit - also weitgehend konstant! Wenn man sich nun mal überlegt, man fährt in südlichen Ländern bei Temperaturen >35°C durch die Gegend...
Fazit: Die Modifikation des LuFiKa bringt eine um etwa 10°C niedrigere Ansaugtemperatur, den Motor wird´s freuen. Nachteil der "offenen" Lösung: die Ansauggeräusche nehmen hörbar zu...
. Wer das nicht mag/will, besorgt sich den 3AJ-Deckel.
Übrigens: ich habe eine sehr einfache, billige (und vor allem wieder spurlos entfernbare!) Möglichkeit ausgetüftelt, den LuFiKa zu modifizieren... Neugierig? Kurze Mail an mich genügt...
Prädikat: sehr empfehlenswert!
Kosten: gering (event. neuer Deckel der 3AJ)
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Der serienmäßige Ölkühler ist zu klein. Also habe ich mir einen etwas größeren, gebrauchten Ölkühler besorgt (von einer Suzuki GS 550 glaube ich).
Für den Ölkühler muß noch ein passender Halter angefertigt werden: dazu kann man ein Stück dünnwandiges Eisenrohr geeigneter Länge und mit einem Innendurchmesser, der geringfügig größer als der Außendurchmesser des vorderen Rahmenhauptrohres ist, der Länge nach in zwei Halbschalen auftrennen. Diese Halbschale dient später der Befestigung am Rahmen mittels zweier Schlauchschellen. Am oberen und unteren Ende der Rohrschale müssen nun noch zwei kleine Flacheisen waagrecht aufgeschweißt werden (aber so, das die Schale anschließend noch sauber am Rahmenrohr anliegen kann!). Alle Maße und Längen richten sich dabei nach den Befestigungspunkten des Ölkühlers!. In die Flacheisen bohrt man nebeneinander noch einige Löcher, damit später die Kühlluft nicht unnötig gestaut wird (und nebenbei werden die Dinger auch noch leichter). Jeweils dort, wo der Kühler seine Befestigungsösen hat, schneidet man passende Gewinde (M6) in die Flacheisen und kann so mit M6-Schrauben und Unterlegscheiben den Kühler mit seinen gummigelagerten Ösen schön anschrauben. Vorher wird der prachtvolle Halter natürlich noch gebürstet und schwarz lackiert! Anschließend wird der Halter samt Kühler mit zwei Schlauchschellen am Rahmenhauptrohr befestigt (und zwar über den Krümmern, soweit oben wie möglich damit nicht dem Zylinder die Luft genommen wird, am besten direkt hinter den großen Schlitzen, die wir zuvor in den Kotflügel gemacht haben...
. Wichtig: das Rahmenhauptrohr vorher mit dünnem Gummi (Stück von altem Schlauch) ummanteln, damit nicht Metall auf Metall sitzt und das ganze auch dauerhaft hält (Vibrationen!). Das ganze wird jetzt noch mit schicken neuen Ölleitungen mit Motor und Öltank verbunden. Die Originalanschlußstücke für Öltank und Motor können durch vorsichtiges Aufsägen der Presshülsen an den neuen Schläuchen weiterverwendet werden.
Aufwand: 1-2 Tage Arbeit
Kosten: ca. 30 € für Ölkühler, nochmal ca. 30 € für neue Schläuche und notwenige Fittings Kühlerseits (Maßanfertigung vom Hydraulik-Fachmann)
Neue Ölleitungen & Fittings | Der Halter wird mit Schellen fixiert | und hinter den Luftschlitzen angeordnet |
das Beste, was man tun kann! Weg mit der alten 1VJ-Kröte und z.B. rein mit einer 3AJ, 3TB oder 3UW-Maschine. So kommt man in den Genuss all der kleinen Verbesserungen am Triebwerk und bekommt nebenbei und mit etwas Glück einen fast neuwertigen Motor.
Ich hatte das Glück, 1994 von einer XT 600 Unfallmaschine einen fast neuen Motor zu bekommen (etwa 3000 km alt, Typ 3UW). Mein alter 1VJ hatte 1994 rund 67.000 km auf dem Buckel und war durch einen Haarriss im Zylinder quer durch die Ölsteigleitung und dem damit verbundenen nahezu vollständigen (!) Ölverlust innerhalb kürzester Zeit nur noch Schrott...
Um mit der Elektrik keine Probleme zu bekommen, habe ich meinen alten LiMa-Deckel (1VJ) samt Anlasser und den 1VJ-LiMa-Rotor weiterverwendet (viel Spaß beim abziehen...
). Den Deckel habe ich natürlich passend umlackiert (Silbergrau). Dadurch mussten keine weiteren Anpassungen vorgenommen werden. Ebenso werden die Original-Ansaugstutzen samt Vergaser angebaut. Und als i-Tüpfelchen habe ich natürlich die ganze Kick-Starter-Mimik aus der 1VJ eingebaut.
Das ist das schöne an der modernen "Baukastenfertigung": alle relevanten Außenmaße haben sich am Motor nicht verändert - so passt dieser Motor wie angegossen in den um Jahre älteren Rahmen. Aber Achtung: wegen der anderen Getriebeübersetzung (höhere Drehzahl) muss entsprechend die Übersetzung des Sekundärantriebes (Kettenrad größer/Ritzel kleiner) angepasst werden, damit die Gesamtübersetzung wieder stimmt! Andernfalls fährt man mit einer extrem langen Übersetzung durch die Lande.
Diesen Motor fahre ich nun seit 40.000 km ohne die geringsten Probleme - und ich lasse das Mopped bei uns im Spessart so richtig laufen!
Das neue Triebwerk im Silberfinish... | ... ist eine echte Augenweide |
hat bis auf den höheren Preis nur Vorteile: wesentlich schnellere Durchölung, extrem belastbarer Schmierfilm auch bei hohen Temperaturen, wesentlich geringer Verschleiß. Schließlich isses ja ein luftgekühlter Motor, und der ist naturgemäß viel größeren Temperaturschwankungen ausgesetzt als ein wassergekühlter! Probleme mit der Ölbadkupplung habe ich in all den Jahren keine beobachtet.
Wer mehr wissen möchte: weitere Infos rund ums Öl gibts auch unter "Tech-Talk/Oel"
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Maßnahme 1 + 2 zusammen führen dazu, das die Öltemperatur selbst im Hochsommer, auch bei forcierter Fahrweise auf Landstraßen, 120°C nur sehr selten übersteigt (auf längeren Autobahnetappen mit konstant >120km/h können es aber auch schon mal 130° und mehr bei sehr heißen Sommern werden! Heißer Asphalt!). Zu 99% liegt die Temperatur jedoch zwischen 80°C und 120°C. In Verbindung mit vollsynthetischen Motoröl also gar kein Problem. Ein Ölthermometer ist dringend zu empfehlen (Grundsätzlich, nicht nur für die Ténéré). Auch soll nicht verschwiegen werden, das verhaltenes Warmfahren für eine lange Motorlebensdauer von entscheidender Bedeutung ist. Gerade luftgekühlte Motoren brauchen lange, bis die optimale Betriebstemperatur von >80°C erreicht ist. Bei der XT dauert das je nach Wetter und Luft-Temperatur schon mal 15min und länger (entspricht in etwa einer Strecke von 20 km). Bis 60°C halte ich die Drehzahlen grundsätzlich kleiner 4000 U/min. Ab 60°C gehe ich beim Beschleunigen auch mal ganz kurz hoch bis 4500 - max. 5000 U/min. Und ab 80°C gibt es dann keine Gnade mehr...
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